Bizarre Strandszenen und eine strippende Oma

Flensburger Tageblatt, 29.01.2011 
 
Feierliche Verleihung des Heinrich-Sauermann-Preises an Schüler der Eckener-Schule in Flensburg 

Der Mann steht unter Spannung. Sein Oberkörper weit nach vorn gebeugt, das Gesicht von Anstrengung gezeichnet. Mühsam kämpft er sich durch tiefen Strandsand, eine große Holzkiste im Schlepptau. Das Seil, mit dem er die schwere Last bewegt, scheint bis zum Zerreißen gespannt. Doch es existiert nur im Kopf des Betrachters.

 
Mit dieser hochwertig ausgearbeiteten Holzskulptur gewinnt Jakob Hahn den mit 1000 Euro dotierten 1. Preis der Heinrich-Sauermann-Stiftung. Thema: Menschen am Strand. „Ich wollte ein Spiel mit dem Gleichgewicht in Szene setzen“, beschreibt der 23-Jährige, der die Berufsfachschule für Holzbildhauer besucht und kurz vor der Gesellenprüfung steht, seine außergewöhnliche Idee. Mit dem Meer verbinde man die Hoffnung, etwas Außergewöhnliches zu finden, hat der Lüneburger in seiner Arbeitsdokumentation notiert. „Unklar ist, was in der Kiste enthalten ist. Fest steht nur, dass die Kiste verdammt schwer ist und sie nach Hause gebracht werden muss, damit das Geheimnis gelüftet werden kann.“

   
Beeindruckend ist die hohe künstlerische Komponente, die allen eingereichten Werken innewohnt. So hat Marie Neumann mit ihrem 2. Preis „Oma Helga“ (600 Euro) einen echten Hingucker geschaffen, obwohl das Motiv in der Realität – und sei es anstandshalber – zum Wegsehen animieren würde. Eine betagte, korpulente FKK-Anhängerin entkleidet sich, die eingefrorene Bewegung ist mit professioneller Qualität umgesetzt.
 
Ein weiterer zweiter Preis geht an Daniel Kaiser und seinen nicht minder originellen „Fischmann“. Auch er nur halb bekleidet, aber mit einem großen, hinter dem Rücken gehaltenen Fisch unterwegs. „Ein entlaufener Psychiatrie-Patient?“, rätselte Museumsdirektor Michael Fuhr bei der Verleihung. Der 3. Preis schließlich geht an Insa zum Buttel: Eine junge Frau in rot-weißem Badeanzug ist soeben einem gelben Friesennerz entstiegen. „Heiter bis wolkig“, so der treffende Titel.

 
Den ersten Preis der Fachschule für Technik und Gestaltung (Thema: kleinteilig – großformatig, ebenfalls dotiert mit 1000 Euro) räumen Sven Lamtjer und Falk Ramcke ab. Das Team hat ein Kettenprinzip aus Formholz entwickelt, das später in der Fertigung von Stühlen, Hockern oder Liegen eingesetzt werden könnte. 
 
„Sie haben sich mit ihren Arbeiten verdient gemacht“, lobte Stiftungsvorstand Hans Leppin. Es mögen viele gute Ideen folgen, „welche die Welt verändern werden“. Schulleiter Sven Mohr schloss sich dieser Würdigung an: Anerkennung und Leistung seien immer auch Ansporn. „Seien Sie verdammt stolz darauf“, rief er den Schülern zu.  
 
Michael Fuhr ließ gegenüber unserer Zeitung durchblicken, dass er eines der Werke für sein Museum anzukaufen gedenke. Welches, das wollte er nicht verraten.

sh:z/Flensburger Tageblatt/Text: Gunnar Dommasch vom 29.01.2011