Wenn Schülern der Drogen-Test droht

 
Schulleiter der Flensburger Gymnasien beobachten an ihren Einrichtungen keine Drogen-Probleme und setzen auf Prävention 
 
Flensburger Tageblatt, 18.01.2013
 
Drogen-Missbrauch an Schulen? Cannabis im Klassenzimmer? Dealer auf dem Schulhof? Viele Schulleiter in Flensburg winken ab. „Bei uns kein Problem“, heißt es unisono, insbesondere im Gymnasialbereich. Ein davon abweichendes Bild zeichnet sich auf dem berufsbildenden Sektor ab.

Doch überall, so heißt es, ist Suchtprävention ein Thema. Vorbeugende Maßnahmen und Aufklärungsarbeit werden an allen befragten Einrichtungen geleistet. Insofern steht man den jüngsten Drogenfunden, die sich an Schulen dreier Städte in Schleswig-Holstein ereignet haben, relativ unaufgeregt gegenüber.

Ende letzten Jahres gab es den ersten Drogen-Alarm. Das Eutiner Voß-Gymnasium bekam kurz vor Weihnachten Besuch von der Polizei. In einer Klasse war vermehrter Umgang mit Drogen festgestellt worden. Beamte durchsuchten mit Spürhunden die Anne-Frank-Schule in Elmshorn. Mehrfach waren Schüler mit „Dope“ erwischt, drei der Schule verwiesen worden. Drogen-Funde auch im Westerländer Schulzentrum auf Sylt. Schüler, die im Unterricht berauscht wirken, sollen beim dortigen Beratungs- und Behandlungszentrum Sylt künftig einem Urintest unterzogen werden.
 
An der Eckener-Schule hat es ähnliche Tests bereits gegeben. Bei Verdachtsfällen wird der betroffene Schüler mit den Vorwürfen konfrontiert. „Er kann den Verstoß dann zugeben – oder aber wir überprüfen es“, sagt Schulleiter Sven Mohr. Ein Schüler, der den vermuteten Cannabis-Konsum abstreitet, muss den THC-Test, bei dem eine Schleimhautprobe entnommen wird, aus eigener Tasche bezahlen – wenn er denn positiv ausfällt. THC steht für Tetrahydrocannabinol, der Hauptbestandteil der Hanfpflanze, der eine psychoaktive Wirkung verursacht.
 
Dann nimmt alles seinen, für den Delinquenten äußerst unangenehmen Verlauf. Die Eltern werden informiert, ein ärztliches Attest schließlich ist Grundlage weiterer Beschulung. „Wer Drogen in die Schule trägt“, da ist sich Sven Mohr sicher, „hat meist schon eine kleine Karriere hinter sich. Und wer Drogen oder Alkohol konsumiert, den unterrichten wir nicht.“
 
Das Regionale Berufsbildungszentrum wird von 7000 Schülern im Alter von 16 bis 30 Jahren aus allen sozialen Schichten besucht. Insofern liefert es ein gesellschaftliches Spiegelbild – und ist als Spielfeld für Dealer interessant. Sollten Hinweise auf den Handel mit Betäubungsmitteln sich verdichten, wird umgehend die Polizei informiert, die darauf mit verstärkten Streifenfahrten reagiert.
 
Sven Mohr warnt: „Der hohe Gehalt von THC-Produkten wird oftmals unterschätzt.“ Insofern könnten Marihuana oder Haschisch genauso Einstiegsdroge sein, wie Spielsucht oftmals die Brücke zu anderen Süchten bilde. Drei bis vier Prozent seiner Schützlinge, so schätzt er, seien spielsüchtig. Computergames oder Online-Poker stundenlang. Doch Sven Mohr stellt klar. „Heroin oder Kokain gibt es bei uns nicht.“
 
Das gilt auch für die Flensburger Gymnasien. Weiche Drogen spielen allerdings eine Rolle. „Wir sind ja nicht blauäugig“, versichert AVS-Leiter Markus Eckert. Der Drogen-Konsum beschränke sich allerdings auf den Freizeitbereich und die Oberstufe. Ausnahme: Es gab einen Fall aus der 8. Klasse. „Das ist natürlich erschreckend.“

Meist würden Schüler wie dieser die Einnahme bei einer direkten Ansprache nicht abstreiten. „Wir lassen da auch nicht locker“, meint Eckert, der sich zwecks Verifizierung diverser Informationskanäle bedient. „Das ist Einzelfallarbeit, wir fühlen uns verantwortlich und lassen niemanden damit allein.“ Sogar bei den derzeit laufenden Zeugniskonferenzen werde bei Bedarf die häusliche Problematik diskutiert. Indikatoren für ein auffälliges Verhalten sind für die Lehrer Teilnahmslosigkeit, Gleichgültigkeit und häufiges Fehlen.

Die Prävention an der Auguste-Viktoria-Schule beginnt in der 7. Klasse, am Fördegymnasium ein Jahr später. „Wir holen außerschulische Experten von der Polizei oder Suchtberatung“, erläutert Schulleiter Winfried Wellmann. Hinweise auf Drogen lägen ihm nicht vor. Allerdings: „Es gibt keine Schule ohne – wir bemerken es nur nicht.“ Jemand, dessen feine Nase handfeste Beweise liefern könnte, wäre ein Drogenhund, wie er in Elmshorn eingesetzt wurde. Wellmann: „Die Idee der Kollegin finde ich richtig gut, für so einen Hund könnte ich mich begeistern.“
 
Ganz so weit ist es am Alten Gymnasium nicht. Claus-Peter Schmidt-Röschmann sieht keinen Handlungsbedarf. „Bei uns ist bislang kein Fall von Drogen-Konsum an die Oberfläche gekommen. Es gibt niemanden, von dem wir es auch nur vermuten würden.“ Aufklärungsarbeit wird am Alten Gym ab der frühen Mittelstufe geleistet – im Unterricht oder im Rahmen von Elternabenden.
 
Prävention steht auch an der Goetheschule auf dem Stundenplan. Zum Beispiel im Biologie-Unterricht. Leiterin Gisela Walter plädiert dafür, das Bewusstsein zu schärfen. Nicht durch Drogen, sondern durch präventive Maßnahmen. Selbst Verbote seien ein probates Mittel. Unpopulär, aber effektiv. Wie der bereits ausgesprochene Verweis eines Schülers. Abschreckende Wirkung nicht ausgeschlossen. 
 
sh:z/Flensburger Tageblatt/ Bild: Gunnar Dommasch