Junge Pioniere erobern die Windbranche

 
Deutschlands erste staatlich geprüfte Windenergietechniker sind Flensburger

 
Flensburger Tageblatt, 15.04.2011 
 

Wieder einmal geht Flensburg voran. Und zwar in einem Bereich, der nicht nur im Norden der Republik eine immer wichtigere Rolle spielt: der Windenergie. Im Sommer verlassen die deutschlandweit ersten zehn staatlich geprüften Techniker für Windenergie die Fachschule für Technik und Gestaltung an der Eckener-Schule.
 

 
Mit diesem Bildungsgang, den es nicht noch einmal in Deutschland gibt, will die Schule einen Beitrag zur Entwicklung der Bildungsschwerpunkte Regenerative Energien und Windenergie in Flensburg leisten. Nachdem vor Kurzem an der Fachhochschule Torsten Faber als Professor für Windenergie seine Tätigkeit aufgenommen hatte, gehen nun die nächsten Experten ins Rennen. Sie füllen eine Lücke zwischen den FH
-Ingenieuren und den Facharbeitern. Dass die Absolventen damit gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben, davon ist Dietmar Post, stellvertretender Leiter der Eckener-Schule, fest überzeugt: „Unsere Absolventen werden ähnlich erfolgreich am Markt sein wie Ingenieure der FH.“ Verantwortungsvolle Aufgaben in gehobener Position – so soll die künftige Stellenbeschreibung aussehen. Sie können Aufgaben im mittleren Management übernehmen.
 

Die zehn Absolventen, die nun ihre Prüfung ablegen werden, kommen meist aus den Bereichen der Elektro- sowie der Maschinentechnik. Sie haben alle mindestens eine dreijährige Erstausbildung abgeschlossen und ein Jahr in ihrem Beruf gearbeitet. „Das ist Voraussetzung, um an der zweijährigen Vollzeit-Fortbildung teilzunehmen“, erklärt Post.
 

2500 Unterrichtsstunden absolvieren die Schüler, werden in den Bereichen der Steuertechnik, des Projektmanagements, der Leistungstechnik oder auch der Meteorologie geschult. „Bezogen auf die Windenergie hatten wir zunächst im Lehrerkollegium keine ausreichenden Kompetenzen. Daher haben wir für die praktischen Ausbildungsanteile Firmen aus der Windbranche mit ins Boot geholt“, erklärt Post. Die Unternehmen stellen den Schülern Aufgaben aus dem Berufsalltag, die es zu bearbeiten gilt. So musste die Abschlussklasse beispielsweise den Bau eines Windparks an Land aber auch in der Ostsee planen – ein komplettes Genehmigungsverfahren organisieren.
 

Gleichzeitig können die Schüler durch die enge Zusammenarbeit mit den Unternehmen erste Kontakte in Branche knüpfen. Auch die profitiert von den neuen Spezies der Windenergietechniker. So wünscht sich Rainer Newe von Denker & Wulf mehr Leute, die nicht nur die Theorie oder Praxis beherrschen – sondern beides: „Die Branche sucht kompetente Experten.“ Allerdings scheinen noch nicht alle Unternehmen mit dem neuen Berufstitel schon etwas anfangen zu können. So berichtet die Klasse, die vor einem Jahr begonnen hatte, von Problemen bei der Suche nach Praktikumsplätzen. „Uns gibt es noch nicht“, sagen sie. Außerdem sei das Praktikum mit drei Wochen zu kurz für die Betriebe. Vor diesem Hintergrund appelieren daher auch Schüler wie Lehrer an Unternehmen, sich noch stärker zu beteiligen.

sh:z/Flensburger Tageblatt/Text: Kristof Gatermann vom 15.04.2011